Ein kleiner
Reisebericht
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3. November bis 8. November 2008 in den Kosovo |
Montag, 3. November | |
Treffpunkt:
04.45 Uhr vor dem Gemeinschaftsraum. Unsere kleine Gruppe (Basri, Andrew und
meine Wenigkeit) treffen sich um von einer treuen Seele auf den Flughafen
gefahren zu werden. Einchecken, Kaffee trinken und warten. Abflug. Das Flugzeug
macht eine Schlaufe Ÿber ZŸrich mit Blick auf die Brahmsstrasse um auf
Wiedersehen zu sagen. Ruhiger Flug nach Pristina. Es ist 9.00 Uhr Vormittags,
mildes warmes Herbstwetter im Kosovo.
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Die Taxifahrt es erlaubt uns, einen ersten Eindruck zu gewinnen. Ueberall wird gebaut; Strassen, HŠuser, benštigte Infrastruktur wird erstellt. Es wird gegraben, planiert, betoniert und asphaltiert.Unser Hotel bietet allen Komfort und liegt in einem Aussenquartier von Pristina. | |
Den Rest des Tages verbringen wir in der lebendigen Metropole. Basri versorgt uns mit allen wichtigen Informationen Ÿber die Stadt. Ohne ihn wŠren Andrew und ich všllig aufgeschmissen. Wir besichtigen die einzige autofreie Zone von Pristina und versuchen mšglichst viel von dieser fremden Welt in uns aufzunehmen. Nach einem ausgezeichneten Abendessen freuen wir uns auf einen Saunagang und danach auf das bequeme Bett. | |
Dienstag, 4. November 2008 | |
Es ist 6.30 Uhr. Basri und ich stehen im Jogging Anzug vor dem Hotel und drehen eine kleine Runde um den Organismus auf Touren zu bringen. Nach unserem ersten albanischen FrŸhstŸck (RŸhrei, KŠse, Wurst und Brot, ohne Butter und KonfitŸre, was Andrew sehr bedauert) fahren wir durch das VerkehrsgewŸhl der Stadt hinaus auf die Landstrasse. Eine hŸgelige Landschaft erwartet uns und durch ein langgestrecktes Tal nŠhern wir uns Gijlan. Unterwegs machen wir einen Abstecher auf einen HŸgelzug und geniessen die Aussicht von der Šltesten Ruine im Kosovo. | |
Gijlan, der Ort aus dem sehr viele Einwanderer bei uns in ZŸrich herkommen, liegt wunderschšn eingebettet in einem weichen Kessel. Die Stadt selber ist laut und chaotisch. Wir sitzen im Kaffee in derSonne und wir trauen unseren Augen nicht, als zwei original blau-weisse VBZ Busse (No. 3 und No.8) an uns vorbeifahren. | |
Wir fahren weiter in Richtung Ferizaj und landen um 16.00 Uhr beim Eindunkeln in einer Stadt mit einer Eisenbahnlinie mitten durch das Zentrum. Hoher Besuch scheint hier zu sein. Das Stadthaus ist schwer bewacht von Soldaten der US-Army und der Polizei. Die Sonne verschwindet. Mit einem eigenartigen Licht (viel blauer als bei uns) legt sich die Nacht Ÿber den Kosovo und bereits um 16.30 Uhr ist es stockdunkel. Die Fahrt zurŸck nach Pristina ist anstrengend, da die Strassen praktisch nicht beleuchtet sind. | |
Mittwoch, 5. November 2008 | |
Heute fahren wir frŸh los, um mšglichst vor dem Eindunkeln wieder in Pristina zu sein. Das Ziel ist Prizren, eine alte tŸrkische Stadt im SŸdwesten von Pristina. Unterwegs kommen wir in Suhareka vorbei. In Suhareka ist die Abteilung der Schweizer Armee der KFOR Truppen untergebracht. Wir klopfen an – aber die …sterreicher haben kein Erbarmen mit uns und wir mŸssen auf den weiblichen Verbindungsoffizier der Schweizer Armee warten. Da wir uns im Voraus nicht angemeldet haben und kurzfristig nichts geht, dŸrfen wir den ArmeestŸtzpunkt nicht besuchen. In Prizren erwartet uns ein angenehmes Stadtambiente. Kopfsteingepflasterte Strassen in einer autofreien Zone laden zum Flanieren ein. †berall hat es Brunnen mit frischem Wasser aus den nahen Bergen. | |
Wir
besuchen die GrŸndungsstŠtte der Albanischen Liga. Diese
wurde vor dem
Krieg von den Serben in Schutt und Asche gelegt und ist nun wieder neu
aufgebaut worden. Hier tagte im vorletzten Jahrhundert das albanische Kabinett
und von hier aus wurden die Geschicke Albaniens gelenkt.
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Auf
der Retourfahrt kommen wir durch die bekannten Weingebiete des Kosovos. Leider
ist es bereits wieder so dunkel, dass wir von der Landschaft nichts
mitbekommen. Die Strasse ist lang , kurvenreich und kaum beleuchtet. Kurz vor
Pristina die zweite Begegnung mit der KFOR (Kosovo Force): Strassenkontrolle.
Wir mŸssen aussteigen. Das Auto wird durchsucht und wir mŸssen hinter einem
SchŸtzenpanzer, bewacht von bewaffneten finnischen Soldaten uns einer
Leibesvisitation unterziehen lassen. Den Rest des Abends geniessen wir mit Bier
und Fussball in einem Pub in Pristina.
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Donnerstag, 6. November 2008 |
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Heute verlassen wir Pristina in Richtung Mitrovica, der Heimatstadt von Basri. Kurz vor Mitrovica biegen wir in Richtung Berge ab und besuchen in Trepa eine Mineralienmine. | |
Im dazugehšrenden Museum erklŠrt uns eine der Direktorinnen den Aufbau der Mine. Danach geht es runter zum Eingang eines 860 m tiefen Schachtes. | |
EindrŸcklich sind die Bauten der Mine. Bilder wie man sie aus England von frŸher kennt – aber heute noch aktuell in Trepa. In der Mine kšnnte noch mindestens 25 Jahre lang mit Gewinn abgebaut werden. Leider sind im Moment die Mšglichkeiten fŸr Investoren aus dem Ausland gesperrt und darum bietet das Werk nur gerade etwa 400 Arbeitern ein Einkommen. | |
Leider kšnnen wir nicht in den Stollen hinunter fahren, da Sprengungen angekŸndigt sind und die Mine fŸr Besucher gesperrt wird. | |
Weiter geht es in die Hšhe, auf einen wunderschšnen HŸgelzug in cirka
1500 m. Ÿ.
Meer.Die Aussicht ist wunderschšn, aber leider nicht ganz klar, sonst wŸrde
man fast Ÿber den ganzen Kosovo sehen. Nach einem Besuch bei den
Schwiegereltern von Basri und einem feinen Nachtessen in Mitrovica kommen wir
spŠt abends wieder in Pristina an.
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Freitag, 7. November 2008 | |
Unser letzter Tag im Kosovo beginnt mit einem wunderbaren FrŸhstŸck in Mitrovica bei der Mutter von Basri. Scharfe Peperoni, Joghurtsauce und selber gemachtes Brot stillen unseren Hunger. Nach dieser StŠrkung machen wir uns auf nach Prekaz. Dort entsteht, auf den Ruinen der zerschossenen Siedlung des Dorfes ein Gedenkort fŸr Adem Jashari, einen der GrŸnder und AnfŸhrer der UCK. Jashari wurde mit seiner Familie 1998 in seinem Haus von der serbischen Armee angegriffen und umgebracht. Beim Gang durch die zerschossenen HŠuser wird einem diese unglaubliche, zerstšrerische Gewalt des Krieges bewusst. | |
ZurŸck in Mitrovica geht es in eine Schule. 1700 Kinder teilen sich die SchulrŠume in drei Tagesschichten. In der von uns besuchten Klasse sind 35 Kinder. Die Lehrerin versucht auf eindrŸckliche Weise, mit viel Humor und pŠdagogischen Geschick, den Kindern die Rundungsregeln beizubringen. Im Vergleich mit unseren VerhŠltnissen sind die Rahmenbedingungen Šusserst schwierig. Aber mich hat die Motivation und die Lernfreude dieser Kinder beeindruckt. | |
Zum Abschluss des
Tages besichtigen wir noch ein Projekt fŸr behinderte Leute im Zentrum von
Mitrovica. Dieser Ort ist die einzige Anlaufstelle fŸr eine TagesbeschŠftigung fŸr
Behinderten. Der Transport muss selber organisiert werden. …ffentliche Gelder
sind ganz rar. Die Behinderten mŸssen mit ganz wenig Geld auskommen und sind
eigentlich abhŠngig von der familiŠren UnterstŸtzung. Hier, in diesem Bereich
muss noch viel getan werden, um diesen Menschen ein einigermassen behinderten
gerechtes Leben bieten zu kšnnen.
Wir
sind erschšpft. Nach intensiven Tagen mit unzŠhligen Begegnungen und vielen,
vielen neuen und fremdem EindrŸcken ist unsere AufnahmekapazitŠt am Ende. Mit
einem ruhigen Nachtessen lassen wir den Tag ausklingen und fallen mŸde ins
Bett.
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Samstag, 8. November 2008 | |
Tag
der RŸckreise. Basri bringt Andrew und mich auf den Flughafen von Pristina.
Verabschiedung und ein letzter Kaffee im Kosovo und dann geht es zurŸck nach
ZŸrich – in eine andere Welt – aber ist sie auch besser?
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Verein Brahmsstrasse |
Von Thomas Wolfer fŸr den Verein Brahmsstrasse |